Helden in der Renaissance. Jahrestagung des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung

Helden in der Renaissance. Jahrestagung des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung

Veranstalter
Wolfenbütteler Arbeitskreis für Renaissanceforschung der Herzog August Bibliothek
Veranstaltungsort
Bibelsaal in der Bibliotheca Augusta
Ort
Wolfenbüttel
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.10.2010 - 08.10.2010
Website
Von
Volker Bauer

Auf das lange geltende Diktum vom ‚postheroischen Zeitalter’ antwortet heute eine Fülle heterogener und hybrider Heldenbilder – zwischen Achill und ‚Egoshooter’. Weitgehend unreflektiert bleiben in der Diskussion um ‚neue Helden’ jedoch die historischen Grundlagen dieser aktuellen ‚Gemengelage’, die auf lange Traditionslinien in der europäischen Geschichte zurückgeht.

Das Kolloquium „Helden in der Renaissance“ widmet sich exemplarisch der Archäologie von Heroismen europäischer Prägung und untersucht eine Schlüsselepoche des europäischen Heldendiskurses. Im 15. und 16. Jahrhundert kam es zu einer grundsätzlichen Neubewertung des Heroischen und der Rolle des Helden. Einerseits setzte eine intensive Wiederbelebung antiker Helden-Vorstellungen ein, die nicht zuletzt die fürstliche und monarchische Selbstdarstellung prägte. Einen wichtigen Einschnitt stellt zudem die Konfessionsspaltung dar. Sie erschütterte den etablierten Kanon von Werten, an denen sich heroische Leistung messen ließ. Sie erzwang Neukonzeptionen des Heroischen und führte zu einer Pluralisierung des Heroischen. Auch jenseits konfessioneller Neubewertungen wandelte sich der Typus des heroischen adligen Kriegers, der sich von der Orientierung am Rittertum emanzipierte. Diese komplexen gesellschaftlichen Entwicklungen betreffen die Heroismen als tradierte Habitus-Muster.

Unser Heldenkonzept fokussiert den konstruktiven Charakter von Heldenbildern: Helden und ihre Taten werden öffentlich, im Dialog mit einer Gefolgschaft konstruiert und dekonstruiert. Deshalb untersucht das Kolloquium vor allem die medialen Bedingungen dieser Heroisierungen. In einer intermedialen Perspektive soll der Wandel medialer Vermittlung (Buchdruck, Theater) ebenso reflektiert werden wie die Weiterentwicklung traditioneller Darstellungsformen. Ein Schwerpunkt soll auf den künstlerischen Repräsentationsformen und ihren ästhetischen Brechungen liegen, auf bevorzugten Gattungen und Formen, auf prominenten Motiven und Traditionsaneignungen.

Die Beiträge widmen sich der Konstruktion und Dekonstruktion von Heldenbildern sowie der Rezeption tradierter Heldenkonzepte, ihrer Aktualisierung und Transformation. Zur Sprache kommen sollen verschiedene Heldentypen (antike und moderne Helden, Glaubenshelden, Heroen des Geistes), konkurrierende Heldenvorstellungen in Politik, Religion und Pädagogik, heroische Gattungen wie Heldenepos und Tragödie, heroische Medien wie Denkmäler, Porträts und Grabmäler. Insbesondere die Darstellung der heroischen Momente – Heldentat und Heldentod – ist zu untersuchen. Auch mit dem Heroismus verbundene Vorstellungen wie Ruhm, Ehre, Größe, Männlichkeit sind weitere Themen des Kolloquiums.

Programm

Montag, 4. Oktober 20

19.00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag in der Augusteerhalle
Prof. Dr. Ina SCHABERT (München): Weiblicher Held oder Heldin? Die heroische Frau in der Imagination
der Shakespearezeit

Dienstag, 5. Oktober 2010

09.00 Uhr Begrüßung

09.15 Uhr Prof. Dr. Rainer STILLERS (Marburg): Der elegische Held: Zu Giovanni Boccaccios »Filostrato«

10.00 Uhr PD Dr. Ralf Georg CZAPLA (Freiburg): Girolamo Savonarola – vom Ketzer zum Helden

10.45 Uhr Kaffeepause

11.15 Uhr Prof. Dr. Wilhelm KÜHLMANN (Heidelberg): Johannes Reuchlin als deutscher Heros

12.00 Uhr Prof. Dr. Thomas KAUFMANN (Göttingen): Heroisierungen Luthers in Wort und Bild in den frühen Jahren der Reformation

12.45 Uhr Mittagspause

14.15 Uhr Dr. Hanna KLESSINGER (Freiburg): Giordano Bruno: De gli eroici furori

15.00 Uhr Prof. Dr. Tobias DÖRING (München): Heroic erasures: how to commemorate iconoclasts

15.45 Uhr Kaffeepause

16.15 Uhr Prof. Dr. Hans W. HUBERT (Freiburg): Wandlungen des Heroischen in den Florentiner David-Plastiken

17.00 Uhr Dr. Andreas BIHRER (Freiburg): Der Feind als Held. Türkische Heroen in der italienischen Renaissance

17.45 Uhr Teepause

18.00 Uhr PD Dr. Ute BERNS (Berlin): Heroism, Gender and Genre: Female Vengeance in The Rape of Lucrece

19.00 Uhr Gemeinsames Abendessen

Mittwoch, 6. Oktober 2010

09.00 Uhr Prof. Dr. Andreas TÖNNESMANN (Zürich): Der Künstler als Held

09.45 Uhr Prof. Dr. Klaus W. HEMPFER (Berlin): Soziale ›Fakten‹ und literarische Fiktion: Zur (De-)Konstruktion ritterlicher Helden in Ariosts Orlando Furioso

10.30 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Prof. Dr. Janet CLARE (Hull, Great Britain): »His bruised helmet and his bended sword«: Henry V., Essex and the Heroic Revival of 1599

11.45 Uhr Prof. Dr. Ronald ASCH (Freiburg): Monarchen zwischen Heroisierung und Heroismus-Defizit. Ein Vergleich zwischen England und Frankreich (1587-1625)

12.30 Uhr Prof. Dr. Achim AURNHAMMER (Freiburg): »Der Löwe aus Mitternacht«: Zur Heroisierung Königs Gustav II. Adolfs in der deutschen Literatur

13.00 Uhr Diskussion und Schlusswort

Kontakt

Dr. Volker Bauer

Herzog August Bibliothek Postfach 1364 D-38299 Wolfenbüttel

forschung@hab.de


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